Liebe Hochschulgruppen & ParlamentarierInnen,
anbei wie gestrern auf der Sitzung von Phil angekündigt die Stellungnahme zum Thema Anwesenheitslisten von den studentischen Mitgliedern der ZSK.
Beste Grüße,
Gerrit
Stellungnahme der studentischen Vertreter in der ZSK zum Thema Anwesenheitslisten.
Die regelmäßige Teilnahme an Lehrveranstaltungen sollte ein wichtiges Element zum
Gelingen eines Studiums sein. Zur Beurteilung eines erzielten Lernfortschritts oder gar als Voraussetzung .
Im Zuge der Bologna-Reformen gehören Anwesenheitslisten in negativer Synergie mit den ECTS-Punkten/Workloads und zu breit angelegten Pflichtprogrammen zu den
Hauptmerkmalen eines landläufig als ‚Verschulung des Studiums‘ bezeichneten Phänomens, welches den Charakter der Universität als gemeinschaftliche Bildungsanstalt zu Gunsten einer Ausbildungsmentalität in Frage stellt. Es spielt anscheinend keine Rolle mehr, ob die Studierenden selbstständig und eigenverantwortlich erfahren und entscheiden, in welcher Weise sie ihren Lernfortschritt am besten erzielen können. Anstelle von Eigenverantwortung
und Selbststudium rückt eine Stechuhrmentalität, welche dem Sinne eines
Universitätsstudiums nicht ferner liegen könnte.
Die verbreitete Unterstellung, dass Studierende Lehrveranstaltungen meiden würden, falls man ihre regelmäßige Anwesenheit nicht überprüfe, steht überdies symptomatisch für das zuvor beschriebene mangelnde Vertrauen in die Eigenverantwortlichkeit erwachsener Menschen. Jedem/r an einer Universität eingeschriebenen Studierenden sollte zugetraut werden, zu entscheiden mit wie sie/er am Besten in der Lage ist, den erwünschten Lernfortschritt zu erreichen bzw. einen Abschluss zu erlangen. Die Noten der studienbegleitenden Prüfungen gelten schließlich als Indikator für den Ausmaß des Lernerfolgs. Sind diese nicht angemessen, so liegt es bei der oder dem Studierenden, Konsequenzen daraus zu ziehen und seine Lernpraktiken zu überdenken, während DozentInnen und Universitäten davon keinen Schaden nehmen.
Anwesenheitslisten sollten somit nicht zur Panikreduktion verzweifelter DozentInnen geführt werden. Eine erzwungene Teilnahme an Lehrveranstaltungen führt viel zu oft zu einer Rechtfertigung mangelhafter Lehre. So könnte ein Fernbleiben eines Teils des Auditoriums dem/der betreffende/n Lehrende/n durchaus auch als Anlass dienen, die Qualität der eigenen Lehre zu hinterfragen und zu optimieren.
Im umgekehrten Falle ist qualitativ hochwertige Lehre überdies effektiver, wenn die
Studierenden von der verpflichtenden Anwesenheit befreit sind, und sich somit in den notorisch überfüllten Seminaren an dieser Universität hauptsächlich jene Studierende befinden, welche sich von diesem Besuch einen Fortschritt erhoffen und in diesem Bestreben nicht durch inaktive, Zeitschriften lesende, im Internet surfende oder gar aktiv störende KommilitonInnen eingeschränkt werden. In Studiengängen mit unzähligen Pflichtseminaren und wenig Wahlfreiheiten treten solche Phänomene leider immer wieder auf.
Schlussendlich geht es in einem Universitätsstudium nicht darum, wie bei einem
Bonusprogramm Punkte zu sammeln, sondern vor allen Dingen Lernfortschritt zu erzielen und Bildung zu erfahren. Dabei sind repressive Maßnahmen wie die Anwesenheitslisten letztendlich nicht nur unnötig, sondern gar hinderlich, da Studierende ihrer Eigenverantwortung und ihrer universitären Freiheit des Selbststudiums beraubt werden.
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